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Freitag, 30. November 2012

30.11.2012 - Demi Glace - die Genesis der Saucen

Eines sei nun vorab gesagt: Menschen die Angst vor Knochen haben sollten diesen Beitrag jetzt wohl besser nicht weiterlesen!

Wie schon in der Schöpfung, wo am Anfang nichts und die Erde wüst und wirr war und Finsternis über der Urflut lag und Gottes Geist über dem Wasser schwebte, können wir uns den Weg zu einer guten Sauce vorstellen.

Am Anfang ist immer das nichts bis wir das Fleisch, das Geflügel, den Fisch oder das Gemüse anbraten. Durch dieses Anbraten entsteht der - Überraschung!!! - sogenannte Pfannensatz, dieser Satz
ist schonmal ein Aromaträger des Bratguts. Aber er ist erstmal - siehe oben - wüst und wirr. Keine geschmackliche Struktur! Nix! Nada!

Es gab Zeiten, die quasi knapp nach der Vertreibung aus dem Paradies gelegen haben müssen, wo Menschen, die es wohl nicht anders wußten als Reaktion Wasser und Mehl mischten und zu einer Art homogenen weißen "Pap" machten und dann alles mit Schwung in die Pfanne kippten. Der Bratensatz löste sich die "Pap" bund ab und es sah braun aus. Alle schrien Hosianna! Eine Sauce war geboren. Aber ob die Sauce glatt war, oder voll mit Klümpchen wie ein Pubertierender Pickel, immer war neben dem schon fast dezenten Röstaromen ein dominater Geschmack nach Mehl da. Lediglich noch mit Salz und Pfeffer gewürzt und an Feiertagen noch ein wenig krausse Petersilie oder Schnittlauchröllchen (für die Frische!!!) drüber verteilt und fertig war die "Sauce".

Heute macht man so etwas nicht mehr. Ok ich mache es nicht mehr. Aber was macht man dann, wenn man eine schöne Sauce haben will, insbesondere, wenn das Bratgut nur kurz gebraten wird.

Die Lösung heißt: Wir machen einen Fond und - ich gehe da noch einen Schritt weiter - wir reduzieren ihn so, dass er sich dann Demi Galce nennen darf!

Zunächst holt man sich bei seinem Metzger des Vertrauens 2,5 Kilo Kalbsknochen. Die meisten Rezepte empfehlen noch immer 500g Kalbsfuß, habe ich bisher leider nicht bekommen, aber das hat dem Geschmack nicht weiter Abbruch getan und beim ersten Mal ist auch alles fest geliert.
 
Also alle Knochen auf ein tiefes Backblech, ich habe keinen so großen Bräter, dass ich alle Knochen reinbekäme und das Backblech ist ideal und noch etwas Öl drauf



Dann das ganze Gebein bei 180 Grad in den vorgeheizten Ofen und anrösten. Dass hat etwa eine halbe Stunde gedauert.












Dann das Wurzelgemüse hinzufügen. Normalerweise nehme ich Lauch, da der Geschmack etwas feiner ist, aber da er gerade aus war, nahm ich die große Zwiebel. Die Zwiebel kann dann die Haut behalten, denn die sorgt zusätzlich für einen schönen gold-braunen Farbton.



Mengenexkursion:

Das interessante beim Kochen ist: Ein Kochrezept ist prinzipiell ein roter Faden. Es leitet einen von rohen Einzelteilen zu einem gekochten Ganzen. Aber solange man es nicht schwarz verbrennt oder sonstwie ungenießbar kocht ist der Endzustand einer, der auf dem persönlichen Geschmack abstellt. Der eine nimmt gerne noch Kräuter dazu, der andere mehr Mören oder Sellerie, der Geschmack unterscheidt sich dann natürlich, aber er unterscheidet sich halt nur, das heißt es schmeckt nicht schlechter sondern die Geschmacksnuancen sind dann anders gesetzt. Also ruhig Mut und probiert rum. Weitere Überlegungen zu diesem Thema dann ein ander Mal bei der Rubrik: Test/Verkostung.

Dann wieder alles in den Ofen und eine weitere halbe Stunde rösten lassen. Dann der Clou:

Zwei Flaschen Wein und eine Flasche Bier öffnen

Den Wein nimmt man und löscht damit das angeröstete Gemüse und die Knochen ab. Je 1/3 Wein nehmen zum Ablöschen und dann Ofen wieder zu und solange alles Reduzieren lassen bis es beim Angießen wieder zischt und dann dass nächste Drittel angießen und dann schließlich zum Schluss das letzte Drittel aus der zweiten Flasche zum lösen des Bratensatzes, dann den Bratensatz, das Röstgemüse und die Knochen in den größten Topf, den man hat geben.

 
Dann alles mit Wasser randvoll aufgießen und auf der Stufe 4 bis 5 des Herdes (ich habe einen Induktionsherd) köcheln lassen. Ziel ist es noch nicht viel der Flüssigkeit zu reduzieren, sondern den Geschmack aus Röstgemüse und Knochen quasi auszuwaschen.
 
Wenn ihr jetzt fragt: Was ist denn mit dem Bier? Das ist für den Koch! Denn kochen macht ja bekanntlich durstig! ;-)
 
 
Nun da alles köchelt füge ich etwas Gewürz hinzu: Lorbeerblätter. Denn die sorgen für den feinen Geschmack und werden auch bei langem Kochen nicht bitter. Ansonsten würze ich gar nicht!
 
 Ja richtig, kein Salz, kein Pfeffer, keine Kräuter! Denn ich will ja eine Demi Glace machen, also einen sehr stark konzentrierten Extrakt würde ich jetzt schon Aromen dran geben, dann würde dieser Extrakt sehr dominant nach diesem Aroma schmecken. Ich will aber nur diese starke Kraft des Knochens, des Gemüses und des konzentrierten Weins haben, denn die Demi Glace ist ja nur die Grundlage für eine dunkle Sauce, die Verfeinerung, auch und gerade durch Aromen erfolgt dann beim Kochen: Will ich etwas winterliches machen, dann mit Lebkuchen oder klassisch mit Thymian und Rosmarin, zu Kurzgebratenem oder zu Schmorfleisch oder mit Orangen für eine Ente. Also alles Entscheidungen, die ich jetzt noch gar nicht treffen will. Also halte ich das ganze so neutral wie möglich und habe so später mehr optionen.
 
Während dieser ganzen Überlegungen köchelt das ganze weiter vor sich hin. Ich habe es 24 Stunden auf dem Herd gehabt auch Nachts und dann den ganzen Arbeitstag, der Induktionsherd schaltet sich immer mal wieder aus Sicherheitsgründen ab, aber so habe ich eine lange intesive Auskochzeit gehabt.
 
Dann einen zweiten Topf oder eine Schüssel nehmen und einen Sieb einhängen und ein Abseituch oder eine neue Stoffwindel oder ein Küchenhandtuch einlegen. Das Tuch am besten vorher mit  Wasser auswaschen, um eventuelle Reste von Waschmittel rauszuspühlen, denn die landen sonst im Fond und das wäre ja nicht erwünscht.
 
 
Dann alles durch das Tuch passieren.

 
Nun nachdem alles passiert ist lasse ich den Fond erstmal gründlich auskühlen und zwar über Nacht, außerdem kann ich dann schonmal den Topf und das Backblech reinigen.

Am nächsten Nachmittag sieht dann der erkaltete Fond so aus:

 
Diese erkaltete Fettschicht läßt sich nun leicht abschöpfen, denn Fett ist zwar Geschmacksträger, aber den kann ich immernoch später hinzufügen. Ich will zunächst nur den puren Geschmack!
Dann nach dem Abschöpfen den Fond mit einer Flasche Rotwein und einer drittel Flasche Portwein angießen und auf Stufe 6 erhitzen und dann warten und zwar einen ganzen Nachmittag bis das ganze so aussieht und ...
 
 
die Konsistenz von Zuckerrübensirup hat. Dann alles in ein anders Gefäß zwecks Lagerung füllen. Eine Tupperschüssel oder ein oder mehrere Gläser oder in Eiswürfelbeutel. Dann auskühlen lassen und in den Kühlschrank stellen bzw. einfrieren. Fertig ist die Demi Glace, dann bei Bedarf von der gelierten Masse ein oder zwei Löffel abnehmen und zum losgelösten Pfannensatz fügen und eine Sauce ersinnen. Das war somit das nächste Rezept und wenn ihr es probiert, dann dauert es, aber es ist wie mit der Schöpfung hat auch lange gedauert und ist doch schön geworden das ganze! In diesem Sinne einen schönen ersten Advent und guten Appetit! 

Montag, 26. November 2012

26.11.2012 - The Roastbeef has landed!


Wie man unschwer am Foto erkennen kann, ist das Roastbeef gelandet und ist gerade im Begriff, aus dem Raumschiff - auch trivial Backofen genannt - zu entsteigen.

An diesem dunklen, das Roastbeef umgebenden Bratensatz kann man erkennen, das ist deutscher Jungbulle - nassgereift. Ein Fehler, der mir im Laufe des Blogs nicht mehr passieren wird!

Darauf meinen Rübli-Schwur!

Dennoch konnte sich das Fleisch durch fachgerechte Zubereitung letztendlich nicht sträuben, einfach ein Gedicht zu werden.


Das Geheimnis? Einfach! Wirklich! Niedrigtemperatur!
Ich habe das Fleisch in einem Bräter angebraten und auch dort verlor es schon einiges an Flüssigkeit.
Ich wollte sogar schon vorher Fotos machen, um zu beweisen, dass ich eigentlich genug Fleisch gekauft hatte. Aber mein Ofen hat mich gerettet.

Um 7.30 stand ich also schlaftrunken in der Küche und nippte am ersten Kaffee des Tages. Ich packte das mir vom Metzger eingeschweißte Fleisch aus, spülte es mit kaltem Wasser ab und trocknete es anschließend mit Küchenkrepp. Dann kam auf beide Stücke Fleisch eine Handvoll grobes Meersalz. Dann sofort in die heiße Pfanne - das Rapsöl war schon nahe am Rauchpunkt - und von allen Seiten (nicht nur oben und unten, sondern auch links, rechts, vorne und hinten) anbraten.

Saftigkeitsexkurs:
Durch die nun eintretende sogenannte Maillard-Reaktion, also durch die Entstehung der braunen Kruste, ist das Fleisch von außen wie zugebacken, kein Saft kann mehr aus dem Fleisch austreten.
Erhitze ich das Fleisch aber weiter mit hoher Temperatur - egal ob im Bräter oder im Ofen -, dann wird der Saft immer weiter in das Fleisch gedrückt und sammelt sich in der Mitte des Stückes. Der Rand wird dann grau-braun - hier Gott sei dank nicht zu sehen -, und wenn man das Stück Fleisch nicht ruhen lässt, läuft der ganze Saft aus, und das Fleisch ist trocken, aber mindestens nicht mehr so saftig, wie Du Dir das erhoft hätten.
Also das Fleisch, was hoch erhitzt wurde, nach dem Fertiggaren 5 Minuten unter Alufolie im wahrsten Sinne des Wortes entspannen lassen. Dann haben sich die Fleischsäfte wieder verteilt und das Stück Fleisch ist wieder saftig.
Das gilt im übrigen für alles Fleisch, egal ob Geflügel, Schwein oder Rind.

Das nun angebratene Fleisch wurde von mir in den auf 80 Grad Ober- und Unterhitze vorgeheizten Backofen auf mittlerer Schiene in ein Bräterblech gegeben. Das Blech ist tief genug, um auslaufenden Saft aufzufangen.

Dann bei den schon oben genannten 80 Grad pro Kilo eine Stunde garen lassen: In diesem Fall waren das vier Stunden, da die Gäste um 11.30 Uhr geladen waren und ich um 12.00 Uhr das Essen servieren wollte. Als das Fleisch nun um 12.00 Uhr fertig war, waren jedoch noch nicht alle Gäste da.
Macht jedoch nichts: Den Backofen einfach auf 60 Grad stellen und das Fleisch weiterhin drin lassen. Denn für ein Stück Roastbeef medium braucht es eine Kerntemperatur von ca. 56-58 Grad. Das können Sie mit einem einfachen Bratthermometer messen. Wenn ich es nun auf 60 Grad warmstelle, dann hält das Fleisch seine Temperatur und gart nicht weiter, bleibt also schön saftig und frisch.
Ich habe es letztlich sogar erst um 13.00 Uhr aus dem Ofen geholt und angeschnitten.

Wer jetzt den Saftigkeitsexkurs schon verinnerlicht hat, wird sagen: Halt! Stop! Wat is´n mit dem Ruhenlassen? Da sage ich dann: Brauchen wir nich! Denn das Fleisch wurde ja nicht bei hoher Temperatur gegart, sonder lediglich bei 80 Grad. Die Fleischsäfte blieben somit im Fleisch verteilt und sammelten sich nicht in der Mitte, das "Entspannen" des Fleisches war somit nicht mehr nötig.

Das kennen vielleicht auch alle diejenigen schon, die gerne mal in die Sauna gehen: 80 Grad ist wirklich eine eher angenehme, wohligwarme Temperatur, und das Fleisch entspannt da wirklich ganz gut!

Dann flugs das Fleisch aufgeschnitten und serviert, wobei ....

 
 
ein Testhäppchen für den Koch muss natürlich sein... !
 
Dies war mein erstes Rezept hier im Blog, weiteres zu den Beilagen (auch wenn Männer jetzt verwirrt schauen werden, ja Beilagen, es gibt sie wirklich!) folgt später!